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               Kapitel Zwei 
 
               
               
 
               
               
               In der Türkei 
   
               »Allein die türkische Nation hat das Recht, ethnische und 
               rassische Forderungen in diesem Land zu stellen« Premierminister Ismet Inönü (Milliet, 
               vom 31. August 1930)  Noch 
               deutlicher hat sich der Justizminister Mehemet Zsat zu diesen 
               chauvinistischen Nationalismus ausgedrückt. »Es 
               gibt in der Türkei mehr Freiheit als irdenwo in der Welt. Dieses 
               Land ist ein land der Türken. Wer nicht von rein türkischer 
               Herkunft ist, hat nur ein einziges Recht in diesem Land: das 
               Recht, Diener zu werden, das Recht, Sklave zu werden« 
               (Milliet, vom 19. September 
               1930).   Noch 
               heute gelten diese beide Zitaten in dem „laizistischen Staat 
               Türkei“ als eine Art Gesetz.  In der 
               Türkei wird neben dem kurdischen Volk auch die ezidische Religion 
               völlig geleugnet und die türkischen Beamten tragen in ihren 
               Personalausweis (türk. Nüfüscüzdani), an der Stelle, wo 
               Religionszugehörigkeit eingetragen wird drei Kreuze (XXX) 
               manchmal auch nur ein Strich oder was anderes ein. In den Augen 
               der Muslimen bedeutet das „gottlos“ oder „heide“, „keiner 
               Religion zugehörig“. Diese Eintragung bedeutet auch 
               Rechtfertigung jeder Repression, sei es auf der Suche nach 
               Arbeit, in der Schule oder wehrend Wehrdienstes von Seiten der 
               Moslems gegen sie. Das 
               Menschenrechts-Büro (IHD= Insan Haklari Derneği) in Istanbul hat 
               1992 auf Wunsch eines Êzîdî bei dem Minister für die religiösen 
               Angelegenheiten einen schriftlichen Antrag auf die Änderung von 
               Religionsbezeichnung in seinem Personalausweis (Nüfüscüzdani) 
               gestellt. Er wollte, dass anstelle von Kreutzen „Êzîdî“ (Yezidi) 
               eingetragen wird. Die 
               Antwort darauf lautete in etwa:
                   »In unserem Land gibt es keine 
               Religion, die Yezidi heißt, Wenn ihr Klient es möchte, kann er an 
               der Stelle Islam, Christ oder Jude eintragen lassen, eine  andere 
               Eintragung kommt hier nicht in frage.« Über diesen Bescheid ist auch in 
               der links orientierten Zeitung „Özgür Ulke“ erschienen.    Mit 
               anderen Worten, obwohl das deutsche Auswärtige Amt in Ankara 
               zuvor mehrere Stellungnahmen zu der Situation der Êzîdî in der 
               Türkei verfast hatte und das gleich mit hinweisen auf staatlichen 
               Auskünften und an die Bundesregierung weiter geleitet hatte, 
               wollten die türkische Minister die Existenz der Êzîdî in ihrem 
               Land leugnen. Diese Praxis passte natürlich in die große Lüge der 
               Türkei, die sogar ca. 18 Millionen Kurden (nach Angaben der 
               kurdischen Organisationen) in ihrem Land leugnet. Eine 
               Bestätigung, dass es in der Türkei doch eine Minderheit 
               existiert, die bis jetzt von offiziellen Stellen strikt 
               verleugnet wurde, hätte für das Land, politisch gesehen, fatale 
               Folgen haben können. In dem Vertrag von Lausanne (1922) hat sich 
               die Türkei verpflichtet ihre Minderheiten zu schützen und ihre 
               Rechte nicht zu verletzen.  
               Deshalb hätte die Anerkennung einer ezidischen Minderheit, die 
               sich auch kulturell von den in Vertrag namentlich genannten 
               Völkern unterscheidet, schwere Folgen für die türkische Regierung 
               (Politik) haben müssen. Es wurde nämlich bedeuten, dass die 
               offiziell laizistische Regierung der Türkei sich auch schützend 
               um diese Minderheit kümmern müsste. Stattdessen hat sie deren 
               Rechte offenkundig verletzt und bewusst gegen ihre eigenen Bürger 
               Unrecht begangen. Diese Tatsachen könnten es dem Image der Türkei 
               bei den westlichen Ländern schaden und bei ihren Verbündeten 
               zusehends ein Gefühl des Unmuts erwecken - oder auch nicht? Die 
               Verbündeten (alle NATO-Mitgliedsländer) sind immer über diese 
               Zustände in der Türkei bestens im Bilde gewesen und haben (Im 
               Gegenteil haben sie bis jetzt auch Waffen geliefert, die wiederum 
               nur gegen eigene Mitbürger benutzt werden) nichts unternommen.   
                In der 
               Türkei sind die Êzîdî unter folgenden Stämmen bekannt: Xalta (Chalta), 
               Dawidî, Bişerî (Bischehri) und Çelkî (Tschelki). Die 
               Êzîdî aus der Provinz Mardin werden auch in Clans unterschieden. 
               Hier eine Auflistung:  Mihokî, 
               Alireşana, Kelika, Şifqatî, Dasikî, Zeynî, Bûttî, Baacola, Effşî 
               und Bacinî.       
               
               
               Wohnsiedlungen der Êzîdî in der Provinz Mardin   Die 
               Êzîdî wohnten in den Kreisen Midyat, Nuseybin, Şirnex und Idil. Die 
               Êzîdî bewohnten neben den Assyrer (Aramär) und die kurdische 
               Moslems die Bergregionen von Bagog (türkisch= Dibeg Dağleri) und 
               die dahinter liegende Flachebene zwischen den Städten Midyat, 
               Idil, Nuseybin und Cizre. Dieser Region ist hier in Europa auch 
               unter den Namen Tur Abdin bekannt. 
               
               Ihre Dörfer 
               im Kreis Midyat: Bacin, Xarabya, Taka, Kevnas, Denwan und Koçan
                Im 
               Kreis Idil, Provinz Şirnex: Kîwex und Bahmin  Im 
               Kreis Nuseybin: Gelîe Sora, Xanik, Mezrê, Efşê, Sêwlitk, Şekrîn, 
               Qulika, Kunar und Fisqîn. Die 
               Wohngebiete Şuşanî ya jorî, Şuşanî ya jêrî, Gelî ê Kelehê, Gelî ê 
               Pîra, Bazar, Zirîq, Mittwen a jorî, Mittwen a jêrî u. s. w. waren 
               bis nach dem Ersten Weltkrieg, von den mächtigen yezidischen 
               Stamm Dasika bewohnt. Dieser Êzîdî- Stamm wurde von den Axas 
               (Großgrundbesitzer) sehr gedrückt und vertrieben. 75 
               Großfamilien, samt Kind und Kegel  haben versucht sich nach 
               Şingal (yezidischen Wohngebiet im jetzigen irakischen Kurdistan) 
               durchzukämpfen, Sie kamen bis zu einem Hügel Namens „Girê bi Toz“ 
               im Mesopotamischen Ebene und dort wurden sie von den arabischen 
               Stämmen (Beduinen) überfallen und beraubt. Unter ihnen haben die 
               Araber ein fürchterliches Massaker angerichtet. Auch diejenige, 
               die dem Massaker entkommen könnten sind unterwegs an die 
               Erschöpfung gestorben. Sie haben bei dem Überfall ihre Essens- 
               und Wasservorräte verloren. Deshalb sind auch viele von denen, 
               die den Arabern nicht in die Hände gefallen waren, qualvoll 
               verdürstet oder verhungert.   Ihre 
               Siedlungsgebiete  wurden von zwei Axas dieser Region im Besitz 
               genommen. Das größte Teil davon ist von der Familie Seroxan Axa, 
               die auch an ihrer Vertreibung maßgeblich beteiligt war, besetzt 
               worden.  (Diese Familie hat auch das ezidische Dorf Bahmin in 
               Besitz genommen und auch dort die rechtmäßigen Besitzer 
               vertrieben). Der Andere war ein Moslem, der zuvor kein Axa, 
               sondern ein wandernder Crammverkäufer war. Sein Name war David. 
               Man nannte ihn später, nachdem er das Land von Dasika besetzt 
               hatte auch David Axa. Außer 
               in dem Dorf Fisqîn lebten in den anderen Dörfern nur  Êzîdî. In 
               dem Dorf Fisqîn wohnte die ezidische Familie von Pîr Nahroz (die  
               „Pirs“ sind Angehörige der zweiten höchsten Priesterkaste der 
               Êzîdî) und die anderen Mitbewohner waren Moslems. Diese Moslems 
               waren die Nachkommen einer ezidischen Familie Namens Kûco, aus 
               Xerabya1), die nach den großen Feldzügen, die Bedirxan 
               Beg gegen sie geführt hatte von den Moslems mit Gewalt bekehrt 
               worden waren. Obwohl das Dorf der ezidischen Familie gehörte, 
               hatte diese dort überhaupt nichts zu melden. Ganz im Gegenteil, 
               dabei auch sie mussten teilweise in die anderen ezidischen Dörfer 
               flüchten. z. B.:  der Sohn Feyzî Yildirim wurde 1977 gezwungen 
               aus dem Dorf auszuziehen und lebte deshalb mit seiner Familie bis 
               zur Weiterreise nach Deutschland in Denwan. Auch sein älterer 
               Bruder Êzdîn musste zuvor mit seiner Familie mehrere Jahre in dem 
               Êzîdî- Dorf Xerabya leben.    
               1) Die 
               Unterdrückung durch die Verwandten, die zwangsislamisiert würden 
               empfanden die Êzîdî schlimmer als von dem übrigen Moslem. 
               Diejenige, die zwangsislamisiert waren, mussten auch beweisen, 
               dass sie unter allen Umständen dem Islam und Mohammed gegenüber 
               loyal sind und mussten dies öfter mit der Verfolgung von eigenen 
               noch ezidischen Verwandten beweisen.    
               
               
                In der Provinz Siirt und Batman    Im 
               Gegensatz zu den Êzîdî in Mardin, waren die Nachbarn der Êzîdî in 
               anderen Teilen (Provinzen) hauptsächlich Moslems und diese haben 
               ihnen das Leben wesentlich schwerer gemacht. Ihre Frauen wurden 
               gewaltsam Entführt, ihre Ernte, - wenn sie welche anbauen könnten 
               - zerstört und sie dürften auch nicht in die Städte gehen um ihre 
               Einkäufe zu tätigen. Die Stadt Batman war ihnen ganz verboten. 
               Damit sie sich daran halten hat ein fanatischer Moslem, Namens 
               Soufî Qaso, ein Trupp Jugendliche damit beauftragt, dafür zu 
               sorgen, dass kein Êzîdî die Stadt betritt. Sobald ein Êzîdî die 
               Stadt betrat, auch wenn er nur durchreisen wollte und dabei 
               erkannt wurde ging der Mob auf ihn los. Den Êzîdî blieb nichts 
               anderes übrig, außer der Flucht. Manche Opfer berichten, dass sie 
               oft auch aus den Bussen und anderen Verkehrmitteln 
               rausgeschmissen worden sind, wenn sie erkannt wurden. Manche 
               sagen, wenn Sofî Qaso bemerkte, dass auch Êzîdî mit in dem Bus 
               mitfahren, er hob seine Nase in die Luft und begann zu 
               schnuffeln, dann sagte er „hier stinkt nach ungläubigen Kafir´s 
               (Heiden). Wenn bald dieses Fahrzeug nicht gereinigt wird, halte 
               ich es nicht mehr aus.“ Dann begannen die übrigen über die Êzîdî 
               zu lästern, sie zu beschimpfen und zu beleidigen. Bald darauf 
               wurde der Fahrer dazu überredet anzuhalten und den „Schmutz“ 
               rauszuschmeißen, weil der „Gestank“ nicht mehr auszuhalten sei. 
               Wenn die Êzîdî rausgeschmissen wurden, bekamen sie natürlich das 
               bezahlte Fahrtgeld auch nicht mehr zurückerstattet. 
               Wehrend die Êzîdî um Midyat und Nuseybin (Nisêbîn) wenigstens die 
               Möglichkeit hatten, mit ihren christlichen Nachbarn Geschäfte zu 
               Machen, waren die übrigen Êzîdî nur auf die Gnade einige wenige 
               Moslems angewiesen. Das ist auch ein Grund dafür, dass diese 
               einige Jahre,  vor den erstgenannten, begonnen haben ihre Heimat 
               zu verlassen, um gen Europa zu flüchten.  Hier 
               die Namen der zu Letzt von den Êzîdî in dieser Region bewohnten 
               Dörfer: 
               Hamduna, Bazîwan, Dûşa, Hecer, Qorux, Hinap, Kelhok, Şahsim, 
               Şimiz, Feqîra, Qub Buldor, Texerî. 
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